Der Blog, in dem ein alter weißer Mann respawnt.

Guten Tag. Mein Name ist Carsten Rossi und beim Schreiben dieser Zeilen bin ich 50+ Jahre alt. Dass Menschen, insbesondere Männer meines Alters, ins Grübeln kommen, ist nicht ungewöhnlich. Das Schwinden der Lebenszeit und -kraft macht ein Status-Update nahezu unvermeidlich. Ganz allgemein gesagt, beginnen wir uns zu fragen, was wir denn mit der verbleibenden Zeit anfangen sollen. Wozu nutzen wir unsere zunehmende Erfahrung und die abnehmende Schöpferkraft? Und nutzen nutzen wir sie überhaupt und anders oder machen wir einfach so weiter wie bisher? Wäre mein Leben ein Handy-Akku, wäre der aktuell bei ca. 25% und ich sähe mich auf dem Sofa meines Lebens unweigerlich vor die Entscheidung gestellt, ob ich die verbleibende Energie nutze, um noch ein paar alte Folgen Friends zu sehen oder ob ich mir lieber ein paar unbekannte Apps runterlade, eine neue Sprache lerne und noch ein weltveränderndes Video drehe. Ob ich also, wie meine Söhne "Fortnite" (der ältere) und "Brawlstars" (der jüngere) sagen würden: ob ich den Kill akzeptiere  oder nochmal respawne.

Fortnite Screen on mobile phone
Photo by Joshua Hoehne / Unsplash

Es ist sicherlich kein Spoiler, wenn ich jetzt schon enthülle, dass ich mich für letzteres entschieden habe. Ich habe in der Tat vor kurzen noch einmal einige Folgen Friends gesehen. Ich habe sogar mehrfach gelacht. Aber die richtige Nostalgie wollte sich nicht einstellen. Früher war definitiv nicht alles besser und jetzt ist immer noch nicht alles gut. Deshalb habe ich beschlossen, mich den aktuellen Herausforderungen zu stellen - vom Binnen-I bis zum Klimawandel, vom sinkenden Erektionswinkel bis zum Kampf um meine Selbstwirksamkeit. Und Ihr dürft mir dabei zusehen.  Soweit das einem Menschen überhaupt möglich ist, werde ich versuchen, dabei authentisch zu sein.

Angewendet auf Personen bedeutet Authentizität, sich gemäß seinem wahren Selbst, d. h. seinen Werten, Gedanken, Emotionen, Überzeugungen und Bedürfnissen auszudrücken und dementsprechend zu handeln, und sich nicht durch äußere Einflüsse bestimmen zu lassen (Harter, 2002). // Deutsche Wikipedia, 7.6.2021, 14:13

Die Frage ist natürlich: warum sollten meine Gedanken und Erlebnisse von irgendeinem Interesse für die Welt sein? Darauf könnte ich patzig antworten: 90% der aktuellen Influencer braucht die Welt nicht. Wieso überhaupt diese Frage? Ich könnte aber auch antworten:

  • Dieser Blog rettet die Welt. Soll heißen: ich gedenke, hier ein paar Ideen zum Besten zu geben, die die Welt zu einem besseren Ort machen. Die meisten speisen sich aus den bekannten Domänen des Gutmenschentums, aber mit ein paar durchaus interessanten Twists. Einfach zusammengefasst könnte man sagen: ich bin Evangelist für weniger Arbeit. Ich bin nicht nur für ein Recht auf Faulheit. Es braucht sogar eine Pflicht zur Faulheit. Meine Stichwortgeber zu diesem Thema sind z.B. Oscar Wilde, Bertrand Russell, Paul Virilio, Martin Liebmann, und Hartmut Rosa. Vor allem Rosa. Ich habe sozusagen die Rosa Brille auf. (Ich kann meine Tochter Netflix schon hören: "Oh Papa ... 🙈"). Seine Konzept der "Unverfügbarkeit" ist bahnbrechend klug und steht deshalb auch indirekt Pate für den Namen des Blogs. Abgesehen davon, dass ich es witzig finde, bei Google mit der Headline "Nicht verfügbar" aufzutauchen.
  • Dieser Blog rettet den Mann. Soll heißen: es gibt so unglaublich viele Sexisten, Rassisten, Verschwörungstheoretiker und frustrierte Trolle in meiner Generation - wir werden sicher noch darauf kommen, warum das so ist - dass ein Gegenentwurf bitter not tut. Sonst werden wir irgendwann einfach als Mängelexemplare verräumt. Wer von meinen Mitalternden diesen Blog liest,  kommt vielleicht auf ein paar neue Gedanken und hinterfragt sich selbst. Wir müssen alle gar nicht auf die gleichen Antworten kommen, aber ich bin ziemlich sicher, dass wir uns alle ziemlich ähnliche Fragen stellen müssen. Und wenn wir das fleißig tun und etwas Kritikfähigkeit zeigen, sagen unsere Kinder vielleicht irgendwann wider aktuelles Erwarten: "Es war nicht alles schlecht, damals mit den alten weißen Männern." (Und falls ich niemanden von meinen Kollegen erreiche, werde wenigstens ich der Alibi-Mann meiner Generation, nach dem Motto: "Ich habe nichts gegen  Boomer, einige meiner Lieblings-Blogs kommen von Boomern." Technisch gesehen bin ich mit Jahrgang 1968 zwar ein Gen-Xer, aber das kann man doch nicht einmal aussprechen. Boomer ist einfach niedlicher.)
  • Dieser Blog rettet die Gesellschaft. Soll heißen: dieser Blog will natürlich nicht nur die Männer meiner Generation erreichen - sondern auch die Thunbergs, Neubauers und Rezos. Notfalls auch die Amthors. Lest, staunt, schimpft - aber versteht. Ihr bekommt hier einen unverfälschten Einblick in die Psychologie eines Exemplars der aktuell größten Bevölkerungsgruppe, der 60s-Natives. Ich begreife Eure Ablehnung und Eure Bedenken. Wie man unten klar sehen kann, gewinnt die Alterspyramide an Schulter was ich an Hüfte zulege - was zusehends zum Problem wird. Man kann die Last auf den dünnen Beinchen förmlich spüren. Kein Wunder, dass "Alter" die neue Klasse ist. Aber wenn alles mit rechten Dingen zugeht, werden wir noch eine Zeit miteinander verbringen müssen. Und sollten deshalb miteinander reden. Die meisten von Euch tun das dauernd, die meisten von uns sitzen eher auf der stillen Treppe. Ich hingegen will reden, mit dem Ziel einen Dialog in Gang bringen, offen für Kritik aber auch durchaus selbstbewusst. Deshalb freue ich mich immer über Gastbeiträge und Kommentare. Und bei akutem Bedarf gebe ich Euch gerne meine Telefonnummer (gibts) oder meine Zoom-/Skype-/Teams-/Slack-/Messenger-/Telegram-/WhatsApp-Daten.
  • Dieser Blog rettet den Humor. Soll heißen: ich gedenke, hier und dort zufällig amüsant, ironisch und zynisch zu sein. Sicher, meinen Humor muss man mögen und verstehen. Geradezu interpretieren. Aber wer sich drauf einlässt, dem verspreche ich hier und da ein paar heitere Minuten. Unter allen anderen verlose ich eine Apple Watch Series 6 mit EKG Funktion und Dieter-Nuhr- Watchface.

Wie Ihr also hoffentlich seht: Gründe zu schreiben, gibt es für mich genug. Und für Euch hoffentlich eben so viele, diesen Blog zu lesen. Also, nicht gezögert, stürzt Euch rein in die Geisterbahn der Generation X.

PS Was dieser Blog aber ehrlich gesagt wirklich leisten soll, ist ... mich mindestens so berühmt wie Sascha Lobo zu machen 😎

PPS Wer mich als Alten Weißer Mann mit Ornat und Beruf kennenlernen will, kann sich hier bei LinkedIn umsehen.